Wir müssen drinnen bleiben...

Wiesbaden | Seit Januar 2021 ist der Präsenzunterricht in der Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BVB) Wiesbaden weitestgehend ausgesetzt und Lehrkräfte wie Teilnehmende treffen sich überwiegend virtuell.

Was macht das mit uns? Wie wirkt sich dieser erneute Lockdown auf das berufliche und private Leben aus? Und natürlich die Frage „Wann dürfen wir wieder in die BVB kommen?“

Eine Modulgruppe der Berufsvorbereitungsmaßnahme ist diesen Fragen nachgegangen, schildert den Arbeitsalltag und Vor-wie Nachteile der virtuellen Arbeitsweise.

„Überwiegend finde ich es angenehm im Zoommeeting zu arbeiten…“ man spürt bei der Aussage des Teilnehmers, dass hier gleich noch ein ABER kommt. „ Aber manchmal fällt die Konzentration schwer!“ Seit Januar 2021 arbeiten wir in der BVB Wiesbaden nun überwiegend virtuell zusammen. Aufgaben werden per E-Mail versendet, Abgabetermine vereinbart und Zoom Meetings zusammen abgehalten. Statt gemeinsam mit etwa 10 – 15 Jugendlichen in einem Raum zu sitzen, sucht man die Jugendlichen virtuell in ihren Wohnungen auf. Findet den einen eingekuschelt in die Lieblingsdecke oder den anderen im abgedunkelten Zimmer, in dem der Bruder noch schläft, vor. Es ist eine räumliche Distanz entstanden, die zugleich eine Grenze zum Privaten überschreitet, bei Lehrkräften genauso wie bei den Lernenden. Oft ist es schwierig, einen ruhigen Raum in einer Wohnung zu finden, wo gerade Eltern wie Geschwister ebenfalls zugegen sind.

In der Gruppe ist man sich einig: Besonders die Treffen mit Freundinnen und Freunden sowie die Sportmöglichkeiten fehlen. Auch die eingeschränkten Ausgehmöglichkeiten machen eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung schwierig. Dem gesunden Essen kommt das nach Meinung der Jugendlichen zugute, da man mehr Zeit fürs Kochen habe.

„Das Hauptproblem ist nicht, was man nicht hat, sondern dass man die Wahl nicht hat, also frei bestimmen kann, was man macht.“ In unserer nachdenklichen Runde wird auch eine gewisse Erleichterung deutlich. „Oftmals bin ich damit ganz glücklich, dass man den Druck nicht hat, unter Menschen zu gehen.“

Im Resümee zur BVB im Hybrid-Modus kommen die Jugendlichen ebenfalls zu einem zweigeteilten Urteil. Dass man die Arbeitsaufträge im eigenen Tempo und flexibel erledigen kann gefällt allen. Allerdings brechen die persönlichen Kontakte in der BVB völlig weg. Der Austausch mit den anderen Teilnehmenden, die oftmals aus ganz unterschiedlichen Regionen in die Berufsvorbereitung zusammenkommen, ist in diesem Rahmen nicht mehr möglich. Der individuelle Weg zur Ausbildung ist einsamer geworden. Auch die Beratung durch Bildungsbegleitung, Ausbilder/-innen sowie Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen ist über Email oder digitalen Austausch umständlicher. Wo vorher ein kurzer Weg ins Büro der zuständigen Mitarbeitenden des Bildungswerks Klärung gebracht hat, ist nun eine Terminvereinbarung notwendig geworden.

Zuhause bieten sich natürlich auch viele Ablenkungsmöglichkeiten und nicht selten taucht einer der Mitbewohnenden gewollt oder ungewollt vor der Kamera auf. Oder es ist ein wohliges Schnurren oder Brummen zu hören, da es sich z.B. die Vierbeiner bei der gemeinsamen Deutschlektüre im Zoom auf dem Schoß bequem machen.

Alle anwesenden Jugendlichen hoffen auf die Ausbildung 2021. „Es ist allerdings schwerer geworden einen Ausbildungsplatz zu finden.“ Die Betriebe sind zurückhaltend, warten die Auswirkungen des Lockdowns ab, bevor sie Zusagen zu Praktika oder Ausbildungsplätzen geben. Die Branchen, die besonders von den Schließungen betroffen sind, nehmen natürlich zurzeit auch keine Praktikantinnen und Praktikanten. Unsere Jugendlichen sind besorgt, wie sich diese Entwicklungen auf ihren Lebenslauf auswirken wird. Lücken im Lebenslauf, Abänderung des Traumberufs und fehlende Perspektiven sind Folgen der Einschränkungen, die alle mehr oder weniger stark spüren. Im Modul kommen wir zu folgendem Fazit zu den Auswirkungen der Coronakrise: „…alles ein bisschen schwieriger geworden als vor Corona!“ und dass man sich nie hätte träumen lassen, dass man einen Präsenzarbeitsalltag in der BVB gerne wiederhaben möchte.

Michaela Allendorf gemeinsam mit dem Deutschmodul der Berufsvorbereitung für sinnes- und psychisch beeinträchtigte Menschen

 

 

 

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