Vogelsberger Unternehmen betonen Bedeutung gelingender Integrationsarbeit
Vogelsberg | Eine gelebte Willkommenskultur in Ausbildungsbetrieben ist eine entscheidende Grundlage für erfolgreiche Ausbildungsabschlüsse von Auszubildenden mit Zuwanderungsgeschichte. Die im Vogelsbergkreis ansässigen Betriebe Grebenauer Metallbau Schreiner GmbH, Narz Elektro-Technik und der Friseursalon Alexander berichten über ihre Erfahrungen und Konzepte, um neue Mitarbeitende aus dem Ausland gut ins Unternehmen einzubinden und zu fördern.
„Im gesamten Team ein Klima zu schaffen, in dem jede neue Auszubildende und jeder neue Auszubildende – unabhängig von Herkunft oder Muttersprache – als Bereicherung wahrgenommen wird“, beschreibt Malte Narz, Geschäftsführer von Narz Elektro-Technik, den wichtigsten Grundsatz seines Unternehmens. Das in Herbstein ansässige Unternehmen, spezialisiert auf Elektroinstallationen, hat in den vergangenen Jahren vier Auszubildende mit zusätzlichem Sprachförderbedarf begleitet. „Wichtig ist, dass die neuen Kolleginnen und Kollegen bereits grundlegende Sprachkenntnisse mitbringen“, so Narz. Er empfiehlt außerdem ein mindestens einwöchiges Praktikum vor Beginn der Ausbildung, um ein gegenseitiges Kennenlernen zu ermöglichen.
Auch die Grebenauer Metallbau Schreiner GmbH, spezialisiert auf Fenster-, Türen- und Fassadenbau, legt neben Offenheit und interkultureller Kompetenz großen Wert auf praktische Unterstützung beim Start in Deutschland. Dazu gehören beispielsweise die Abholung vom Flughafen, Unterstützung bei der Wohnungssuche sowie Begleitung zu Behörden und Banken. „Ein kleines Willkommensgeschenk, wie ein Reiskocher für unsere vietnamesischen Auszubildenden, gehört für uns ebenfalls dazu“, berichtet Geschäftsführer Sven Schreiner. Um die soziale Integration zu fördern, werden auch Kontakte zu Vereinen in der Region vermittelt. Vorstellungsgespräche mit Bewerbenden aus dem Ausland finden häufig digital statt – was laut Fertigungsleiter Thomas Bramm herausfordernd ist, da es schwieriger sei, einen realistischen Eindruck zu gewinnen.
Der Friseursalon Alexander in Alsfeld wird seit 2008 von Herrn Alexander Trees als Inhaber und Geschäftsführer geführt. Der Betrieb beschäftigt derzeit acht Mitarbeitende. Für die kommenden drei Jahre wird ein zusätzlicher Bedarf von vier Fachkräften erwartet. Trees hat sich früh entschieden, mit dem Programm Wirtschaft integriert zusammenzuarbeiten. Seine Motivation war es, Menschen, die aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind, gezielt zu qualifizieren und zu guten Fachkräften auszubilden. Dafür, so betont er, brauche es einen starken Partner, der Betriebe bei den besonderen Herausforderungen unterstützt. Besonders hilfreich ist für ihn die Begleitung bei der Vermittlung theoretischer Ausbildungsinhalte sowie die Unterstützung bei administrativen Aufgaben wie Antragstellungen. Eine Herausforderung sieht Trees vor allem zu Beginn der Ausbildung darin, den neuen Azubis den Einstieg in den Arbeits- und Ausbildungsalltag zu erleichtern und die richtigen Worte sowie Instrumente dafür zu finden. Um das Ankommen im Team zu fördern, organisiert der Salon gemeinsame Aktivitäten – in der Vergangenheit gehörten dazu Wochenendausflüge nach London oder Italien, die für Zusammenhalt und Teamgeist sorgten. Auch das Deutschlernen wird von Anfang an praktisch unterstützt: Die Auszubildenden werden sofort in den Kundenkontakt eingebunden, wodurch sie kontinuierlich Deutsch hören und sprechen. Bei Verständigungsschwierigkeiten können sie jederzeit auf die Hilfe ihrer Kolleginnen und Kollegen zählen. Ein wesentliches Element der Integration im Betrieb ist die „Du-Kultur“: Alle Mitarbeitenden begegnen sich von Anfang an auf Augenhöhe, was Vertrauen schafft und den Zusammenhalt stärkt. Zudem legt Trees großen Wert darauf, eine Willkommenskultur dauerhaft im Alltag zu verankern. Dies gelingt nach seiner Überzeugung nur, wenn Mitarbeitende geschult und ermutigt werden, anderen Menschen vorurteilsfrei zu begegnen – und wenn die Führung selbst dieses Verhalten aktiv vorlebt. Die Erfahrungen mit der Integration junger Menschen haben im Salon spürbare Veränderungen bewirkt: Sowohl die Belegschaft als auch die Kundschaft sind weltoffener geworden, und das Team profitiert von neuen Impulsen und einer gewachsenen Vielfalt.
Narz Elektro-Technik kennt ähnliche Herausforderungen. So kann es vorkommen, dass ältere Auszubildende aus dem Ausland hier mit deutlich jüngeren Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten und daraus falsche Hierarchievorstellungen ableiten. „Das gilt es klar anzusprechen und zu klären“, erklärt Malte Narz. Neben den innerbetrieblichen Aufgaben bestehen auch auf institutioneller Ebene Hürden. Die Unternehmen berichten von aufwendigen bürokratischen Prozessen, komplexen Antragsverfahren und Unsicherheiten beim Aufenthaltsstatus. Die Grebenauer Metallbau Schreiner GmbH nennt unter anderem Altersgrenzen bei Visaerteilungen als Problem. Gerold Narz wünscht sich, dass gut integrierte und qualifizierte Fachkräfte schneller eine dauerhafte Aufenthaltsperspektive, etwa durch Niederlassungserlaubnis oder Einbürgerung, erhalten.
Unterstützung erhalten die befragten Unternehmen durch das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e. V. mit dem Projekt „Wirtschaft integriert“, die Handwerkskammern, die Kreishandwerkerschaft, die Agentur für Arbeit, Berufsschulen sowie engagierte ehrenamtliche Helferinnen und Helfer.
„Integration ist keine Nebensache“, fasst Thomas Bramm von der Grebenauer Metallbau Schreiner GmbH zusammen. „Sie sollte als fester Aufgabenbereich verankert sein – idealerweise mit einer festen Ansprechperson, die koordiniert und begleitet.“