Natürlich nehme ich auch mal selbst einen Besen in die Hand! [Nina Schator]

Offenbach | Kleiner Tipp-Geber für alle, die kurz vor dem Start in ihre Ausbildung stehen – und wissen möchten, was engagierte Ausbilderinnen und Ausbilder auszeichnet und was diese in der Praxis erwarten.
Im Showroom der PICARD Lederwaren in Obertshausen herrscht eine entspannte Atmosphäre. Trotz vollen Terminkalenders nimmt sich Ausbildungs- und Vertriebsleitung Nina Schator ausgiebig Zeit für unser Gespräch. Seit 15 Jahren ist sie im Unternehmen – auch in Phasen, in denen es Herausforderungen gab, blieb sie und setzte bewusst auf Ausbildung als Investition in die Zukunft. Ihre Begeisterung für junge Menschen ist spürbar. Mit Offenheit und Klarheit spricht sie darüber, was Ausbilderinnen und Ausbildern wichtig ist und beantwortet fünf Fragen rund um Interesse, Verlässlichkeit und der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.

1. Bevor es mit der Ausbildung losgehen kann: Worauf achten Sie bei der Bewerbung und im Vorstellungsgespräch ganz besonders?
Am wichtigsten ist aufrichtiges Interesse am Unternehmen und der Ausbildung, was sich durch gezielte Fragen zeigt und ein K.o.-Kriterium sein kann, wenn keine Fragen gestellt werden. Interessierte Auszubildende sollten auf saubere Bewerbungsunterlagen ohne Rechtschreibfehler oder falsche Firmennamen achten, denn dies zeugt von Konzentration und Vorbereitung. Und: Sie sollten ehrlich bezüglich ihres Lebenslaufs sein – auch bei Brüchen! Respekt im Auftreten und in der Kommunikation ist für mich darüber hinaus selbstverständlich.

2. Was sind die für Sie wichtigen Voraussetzungen für das Gelingen einer Ausbildung?
Eine gute Ausbildung gelingt, wenn der Ausbilder selbst mit anpackt und Auf-gaben nicht nur delegiert, sondern auch deren Ziel und Sinn erklärt. Es ist wichtig, dass der Auszubildende versteht, warum bestimmte Aufgaben notwendig sind und wie sie, wie in unserem Falle, zu einer gelingenden Kundenbeziehung beitragen. Zentral ist für mich deshalb eine zeitgemäße und wertschätzende Ausbildung auf Augenhöhe: Da agiert der Ausbilder auch als Vorbild, der nicht nur Anweisungen erteilt, sondern eben selbst mal den Besen in die Hand nimmt. Regelmäßiges beidseitiges Feedback, bei dem sowohl Auszubildende als auch Abteilungen bewerten, fördert darüber hinaus die Entwicklung und Anpassung der Ausbildung.

3. Welche Herausforderungen im Ausbildungsverlauf begegnen Ihnen häufig?
Eine Herausforderung ist, dass junge Auszubildende manchmal Dinge nicht sehen oder nicht wissen, wie sie funktionieren, weil es ihnen nie erklärt wurde. Es hilft daher, die Rolle des Auszubildenden wohlwollend als „leeres Gefäß“ zu verstehen, das noch mit Inhalten gefüllt werden muss. Wichtig ist außerdem, Auszubildende zu aktiven Nach-fragen und Interesse anzuregen, denn es gibt nun mal ganz einfach keine doofen Fragen. Neugier ist entscheidend für den Lernprozess!

QuABB PICARD 2

Seit 35 Jahren im Unternehmen: Musa Savci - Feintäschner

4. Wie kann man Auszubildende im Ausbildungsverlauf motivieren?
Eigenverantwortung spielt meines Erachtens eine große Rolle! Auszubildende sollten oft eigene, wiederkehrende Projekte und Aufgabenbereiche erhalten, die sie selbst verantworten. Auch wenn die Ausbilder Unterstützung und Hilfestellung bieten, sollten Sie die Verantwortung übertragen bekommen, aber bei Problemen proaktiv kommunizieren lernen. Ich als Ausbilderin setze auf Vertrauen in die eigenverantwortliche Erledigung von Aufgaben, anstatt nur die Anwesenheit zu kontrollieren, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

5. Zum Schluss, Frau Schator: Was sagen Sie Jugendlichen, die sich gegen eine Ausbildung entscheiden, weil sie als Ungelernte zunächst mehr Geld verdienen können?
Eine Ausbildung bietet ihnen eine solide Grundlage und höhere Qualifikationen, die langfristig zu deutlich besseren Karrierechancen führen, auch wenn die Ausbildungsvergütung anfangs geringer sein mag. Sie erhalten ein „Werkzeug in der Hand“, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, während ungelernte Kräfte es auf lange Sicht schwieriger haben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte der QuABB-Ausbildungsbegleiter Miguel Escosa Jung. Fotos: QuABB