Vom Neuanfang zum Gesellenbrief – Shams Weg in Deutschland
Gießen | Sham kam als unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter 2016 aus Eritrea nach Deutschland. In seiner Heimat hatte er acht Jahre die Schule besucht, bevor er das Land verlassen musste. Einen Beruf hatte er dort noch nicht erlernt – sein Traum war es jedoch immer, etwas Handwerkliches zu machen und kreativ zu arbeiten.
Zunächst besuchte Sham den InteA- und BzB-Unterricht, wo er die deutsche Sprache lernte und schließlich den qualifizierenden Hauptschulabschluss erwarb. Danach startete er im Projekt Wirtschaft integriert in Gießen. Dort nahm er am Baustein BOplus teil, um seine Stärken und Interessen zu entdecken. „Wirtschaft integriert“ war für ihn der erste gezielte Schritt in Richtung Ausbildung.
Während der Berufsorientierungplus probierte Sham verschiedene Tätigkeiten aus. Gemeinsam mit seiner Pädagogin fand er einen Praktikumsplatz als Maler und Lackierer bei der Firma Gustav Wille in Biebertal. Schon nach kurzer Zeit war klar: Das passt. Aus dem Praktikum wurde ein EQplus, anschließend bekam Sham seinen Ausbildungsvertrag und mündete in den Projektbaustein ABplus ein.
An Wirtschaft integriert gefiel ihm besonders, dass er nicht allein war und gezielte Unterstützung bekam – sowohl bei der Berufswahl als auch bei der Organisation der Ausbildung. „Mein Leben hat sich durch das Projekt geändert“, sagt er heute.
In der dualen Ausbildung gefiel Sham die Mischung aus Theorie und Praxis. Er genoss es, kreativ mit Farben zu arbeiten, Flächen zu gestalten und am Ende sichtbare Ergebnisse zu haben. „Maler hat mit Schönheit zu tun, mit Farbe kann man viel ausdrücken.“ Herausfordernd war für ihn am Anfang das Fachvokabular auf Deutsch zu verstehen. Hier halfen ihm die Kollegen, sein Ausbilder Herr Kreutzer und auch die Sprachförderung beim Bildungswerk. Die größte Motivation war für ihn, eines Tages den Gesellenbrief in den Händen zu halten und unabhängig zu sein.
Seinen ersten Tag im Betrieb beschreibt Sham als aufregend, aber herzlich. Er wurde vom Team willkommen geheißen und bekam direkt praktische Aufgaben. Schwieriger war es zunächst, sich im Team sprachlich einzubringen. Besonders halfen ihm Kollegen, die sich Zeit nahmen, Dinge zu erklären, und sein Ausbilder Herr Kreutzer, der immer ein offenes Ohr hatte.
Wichtig ist ihm bis heute, dass im Betrieb respektvoll miteinander umgegangen wird und er bei Fragen Unterstützung bekommt. Herr Kreutzer, Geschäftsführer der Firma Gustav Wille Baudekoration, schätzt am Programm Wirtschaft integriert besonders die Chance, potentielle Azubis in Orientierungs- und EQ Praktika gut kennenzulernen, um sich seitens des Betriebes auf sie einzustellen. Der Betrieb hat Erfahrung in der Arbeit mit Migranten: Herr Kreutzer achtet darauf, Teams mit Fingerspitzengefühl zusammenzustellen und mögliche Probleme sofort anzusprechen und auszuräumen. Er lässt insbesondere auch Mitarbeiter mit Flucht- und Migrationsgeschichte in regelmäßigen Einzelgesprächen spüren, dass sie im Betrieb willkommen sind und wertgeschätzt werden. An Sham mag er besonders dessen Offenheit, Freundlichkeit und sein strahlendes Auftreten.
Im Sommer 2025 erreichte Sham dann einen wichtigen Meilenstein: Er bestand erfolgreich seine Abschlussprüfung zum Maler und Lackierer – ein Moment, auf den er jahrelang hingearbeitet hatte. Mit Stolz und Freude nahm er sein Gesellenzeugnis entgegen. Für seinen Ausbildungsbetrieb war klar, dass sie auf dieses Engagement und Talent nicht verzichten wollten. Daher wurde Sham nahtlos übernommen und kann nun als festangestellter Mitarbeiter bei Gustav Wille Baudekoration sein Können einbringen und weiter ausbauen.
Shams Tipp an neue Azubis: „Geduld bereust du später nicht – mit einer abgeschlossenen Ausbildung öffnen sich viele Türen.“
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